Nachtfahrten mit dem Segelboot

Wenn Steffi und ich uns mit unseren Freunden übers Segeln unterhalten, berichten wir immer gerne von unseren Erlebnissen an Bord. Ein Thema was dabei immer wieder zur Sprache kommt, sind Nachtfahrten. Auch für uns ist das immer ein ganz besonderes Erlebnis und da dazu immer wieder die gleichen Fragen auftauchen, wollten wir dazu einen kleinen Artikel veröffentlichen.

Sonne und Mond sind machmal zur gleichen Tageszeit zu sehen
Sonne und Mond sind machmal zur gleichen Tageszeit zu sehen

Wie? Ihr könnt nicht anhalten und schlafen gehen?

Ja genau, so, oder so ähnlich haben wir die Frage schon öfters gestellt bekommen. Beim nächtlichen Segeln verhält es sich ein bisschen anders als beim Autofahren. Man kann nicht einfach rechts ran fahren und für ein kleines Nickerchen kurz anhalten.

Einfach mal den Anker herunterlassen ist bei Meerestiefen von über mehreren 100 bis 1000 Metern auch nicht wirklich möglich, da dazu die Länge unsere Ankerkette leider nicht ausreichen würde 😉 . Selbst wenn das klappen sollte, ist der Schwell auf dem offenen Meer oft so unangenehm, dass eine Nachtruhe kaum möglich wäre.

Natürlich könnte man theoretisch trotzdem „anhalten“. Durch das Manöver Beiliegen oder Beidrehen, werden die Segel und das Ruder in eine gewisse Stellung gebracht, sodass die Fahrt aus dem Schiff genommen wird und dieses nur noch driftet. Allerdings ist das bei viel Welle auch nicht so super toll 😉

Der Grund einer Nachtfahrt ist ja meistens, dass man von Punkt A nach Punkt B gelangen möchte und die Entfernung so groß ist, dass eben auch nachts gesegelt werden muss. Aus diesem Grund ergibt es Sinn auch in der Dunkelheit weiterzufahren, um seinem Ziel näherzukommen.

Ah! Ihr habt doch auch einen Autopiloten! Dann macht der die Arbeit und ihr könnt in Ruhe ins Bett gehen?

Das wäre schön 🙂 . Auch wenn wir schon von manchen Seglern gehört haben, dass sie es genauso handhaben, geht es dem Großteil der Segler wie uns. Mindestens eine Person ist immer wach und hält Wache, auch wenn der Autopilot von alleine steuert. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe:

Nicht jedes Boot hat AIS

In der heutigen Zeit haben die meisten Schiffe AIS. Also ein automatisches Identifizierung-System, das den Schiffen in der Umgebung die Schiffsdaten, Geschwindigkeit, Kurs und die aktuelle Position anzeigt. Das System hat einen Annäherungsalarm und soll Kollisionen verhindern. Auch wenn es in der Berufsschifffahrt verpflichtend ist und es viele Sportboote auch bereits aus Sicherheitsgründen an Bord installiert haben, gibt es immer noch Schiffe ohne dieses System. Gerade in küstennahen Gebieten hatten wir fast jede Nacht 1-3 Fischer- oder Segelboote gesehen, die wir nicht auf unserem AIS hatten und wir unseren Kurs dahingehend anpassen mussten, um eine Kollision zu vermeiden.

Viele Boote auf dem AIS bei Nacht
Viele Boote auf dem AIS bei Nacht

Radar sieht nicht alles

Auch ein Radarsystem kann nicht alle Einzelheiten aufnehmen, so gut die modernen Systeme auch sind, ist es immer besser Nachts noch mal kurz persönlich aufs offene Meer zu schauen.

Der Wind kann drehen

Besonders beim Fahren mit Windpiloten, aber auch mit dem elektrischen Autopiloten können Wechsel der Windrichtung des Kurses und die Segelstellung doch deutlich beeinflussen. Von daher ist es immer wichtig in regelmäßigen Abständen den Kurs zu kontrollieren und ggf. anzupassen.

Treibende Gegenstände im Wasser

Leider ist es sehr schwer Nachts unbeleuchtete, kleinere Gegenstände im Wasser zu erkennen. Da hat man so gut wie keine Chance. So war es bei uns schon öfters der Fall, dass wir eine Fischerboje erst im Licht der vorderen Navigationslichter gesehen haben, als diese dicht an uns vorbeigetrieben sind.

Unsere Windsteueranlage bei Nacht
Unsere Windsteueranlage bei Nacht

Aber ihr seid dann ja nicht immer zu zweit wach, oder?

So ist es. Wenn wir beide jede Nacht wach bleiben würden, wäre unser Akku ziemlich schnell alle. Mit mehreren Personen an Bord eignet sich ein Schichtbetrieb am besten. Hier gibt es die unterschiedlichsten Modelle.

Ab einer Drei-Personen Crew ergibt es Sinn einen Wachhabenden auszuwählen, eine Person auf Standby und eine Person im Ruhemodus. Sollte der Wachhabende in eine Situation geraten, die er alleine nicht mehr handeln kann, kann der die Person im Standby immer dazurufen. So kann man sicherstellen, dass die dritte Person immer eine gute Ruhephase hat und kann so rotieren.

Bei einer zweier Crew wie bei uns, ist immer einer auf Standby. Wir haben uns für ein flexibles 3-Stunden Modell entschieden. Jeder hat maximal 3 Stunden Wache, dann wird getauscht. Wenn man merkt, dass nach kürzere Zeit schon die Augen zufallen, wird eben schon früher getauscht, oder wenn sich einer fitter fühlt, dann auch mal 30 min länger. Wir haben festgestellt, dass wir damit am besten fahren und sich die Zeiträume mit der Zeit automatisch gerecht einteilen.

Bei Einhand-Seglern ist das eher schwierig. Hier gibt es nur einen Wachhabenden. Die meisten, mit denen wir gesprochen haben, haben sich auf einen kurzen Schlafrhythmus eingestellt. Heißt, alle 20 min geht ein Wecker, es wird ein Rundumblick gehalten und den Kurs kurz kontrolliert, dann werden die Augen wieder zugemacht. Auf Dauer etwas anstrengend, aber wohl das beste Einhand-System.

Ist das nicht gruselig und gefährlich Nachts zu fahren?

Vielleicht ein bisschen von beidem, aber wenn man weiß, was man macht, ist es weder noch. Nachtfahrten haben immer eine ganz besondere Stimmung.

In manchen Nächten (vor allem bei Vollmond) scheint der Mond wie eine kleine Sonne und glitzert richtig auf dem Wasser. In solchen Nächten nimmt man die Dunkelheit viel weniger wahr und kann das oder andere viel besser erkennen. Das gibt einem das nötige Gefühl für Geschwindigkeit und Umgebung und macht es nicht ganz so trist.

Bei bewölktem Himmel, mit keinem oder nur wenig Mondlicht ist es um einen herum tiefschwarz. Ein wirklich eigenartiges Gefühl kennt man es doch sonst nicht. Nachts brennen in der Ferne immer irgendwo Lichter, nur nicht auf dem Wasser und das macht es so besonders. Die einzigen Lichtquellen sind die Navigationslichter (Steuerbord grün, Backbord rot und achtern weiß) in dem die Gischt der vorbeikommen Wellen kurz auftauchen. Sowohl Steffi als auch ich haben in solchen Nächsten immer ein bisschen das Gefühl, dass wir fliegen. Wir sehen nicht, wo wir hinfahren, nur die nächtliche Schwärze und dadurch, dass wir das Meer nur schemenhaft vorbeiziehen sehen, fehlt auch das Gespür für die Geschwindigkeit. Gleichzeit ist es aber auch super entspannend das auf seine Sinne wirken zu lassen und einfach das Nichts in sich aufzunehmen (bei angenehmen Wetterverhältnissen).

Natürlich ist es Nachts auch gefährlicher zu fahren als bei Tag. Nicht nur durch die eingeschränkte Sicht können Gefahren entstehen, auch durch die Situation, dass nur eine Person im Cockpit ist und die andere im Salon schläft. Sollte die Wachhabende Person über Bord gehen, bekommt das die Person im Cockpit im Schlaf nur schwer mit. Wenn das dann erst beim nächsten Wachwechsel auffällt, ist die Person im Wasser fast unmöglich wiederzufinden. Aus diesen und vielen weiteren Gründen haben wir uns daher goldene Regeln für die Nachtfahrt mit dem Segelboot aufgestellt.

Unsere goldenen Regeln der Nachtfahrt

Wir starten immer ausgeruht. Am Tag vor der Abfahrt werden möglichst wenige anstrengende Aufgaben erledigt und wir holen uns so viel Schlaf wie möglich in der Nacht zuvor. Deswegen achten wir auch gezielt darauf in einer sehr gut geschützten Ankerbucht, oder Hafen zu liegen.

Während der Fahrt achten wir gezielt darauf genug zu essen und zu trinken. Hört sich erst mal banal an, aber gerade, wenn es etwas wilder wird, kann man das schnell mal vergessen. Der Körper benötigt ausreichend Energie um eine Nachtfahrt bewältigen zu können. Am besten eignen sich Snacks wie Müsliriegel oder Nüsse, wenn es mal schnell gehen muss und nicht gekocht werden kann.

Nachts wird das Cockpit nicht verlassen. Die Gefahr, dass jemand über Bord geht ist einfach zu hoch. Wenn man trotzdem das Cockpit verlassen möchte, da es die Situation erfordert, wird die schlafende Person geweckt, um maximale Sicherheit zu gewährleisten. Aus diesem Grund fahren wir auch Nachts ausschließlich mit Rettungsweste und eingepickt, egal bei welchem Wetter.

Wenn wir wissen, dass der Wind in der Nacht zunimmt, oder keinen genauen Wetterdienst zur Verfügung haben, fahren wir immer mit gerefften Segeln. Damit lässt sich die Situation vermeiden, dass wir von schwerem Wetter überrascht werden und Nachts die Segel bei viel Wind verkleinern müssen.

Bei jedem größeren Manöver (wie Halse oder Wende) wird die schlafende Person geweckt. Bei wenig Licht können diese Manöver schon mal tricky werden, besonders wenn etwas nicht so glattläuft oder sich verhakt.

Vorbereitung is King

Wenn man größere Schläge oder Überfahrten vorhat, ist es ratsam sich gut vorzubereiten. Es kommen noch genug ungewohnte und plötzliche Situationen in der Nacht auf einem Segelboot auf einen zu. Da hilft es sehr, wenn man ein paar Sachen schon ready hat.

Wetter

Schaut euch schon weit vor eurer Nachtfahrt mit dem Segelboot die Windverhältnisse an. Am besten sogar über einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen. Das hilft euch einzuschätzen, wo die vorherrschenden Windfelder sind und was passieren kann, wenn die Wettervorhersage nicht ganz eintreffen sollte. Schaut auch nicht nur auf den Wind. Auch Welle und Strömung sind extrem wichtig. Wenn ihr die Zeit habt, wartet lieber ein bisschen länger auf das perfekte Wetterfenster, als das ihr überhastet aufbrecht und dann in unangenehmes Wetter kommt.

Navigation

Gerade bei längeren Schlägen weiß man manchmal nicht ganz genau wann man am Ziel eintrifft. Kommt man bei Nacht an, ist die Navigation oft schwieriger. Schaut euch von daher eure Zielbucht oder Zielhafen vorher in Ruhe ganz genau an. Manchmal hilft es auch die Besonderheiten und Leuchtsignale vorher auf einen Zettel zu schreiben. So muss man bei Ankunft nicht umständlich Apps und Seekarten wälzen, sondern kann sich bewusst auf die Ansteuerung mit den wichtigsten Merkmalen konzentrieren. Sucht euch auch immer einen alternativen Landungsplatz aus, wenn etwas nicht wie gewünscht klappen sollte. Dann seit ihr für alle Situationen vorbereitet.

Essen

Überlegt euch am besten vorher was ihr essen möchtet. Kauft genug Snacks und Getränke ein und wenn es möglich ist, kocht vielleicht sogar etwas vor. Wenn ihr überrascht werdet und bei 30 Knoten und 2 Meter Welle in die Nachtfahrt geht, freut ihr euch, dass das Abendessen nur aufgewärmt werden muss. Auch Instant-Nudeln können ein wahrer Lebensretter sein. Steffi und ich haben uns schon bei so manchen Überfahrten davon ernährt.

Bereitet das Boot und Equipment gut vor

Schaut, dass an Bord wirklich alles gut verstaut ist. Nichts ist nerviger als nachts umherfliegende Sachen aufzuräumen und neu zu vertauen. Diesen Stress könnt ihr vermeiden. Auch ist es ratsam das nötige Equipment gleich vorzubereiten. Bei uns liegen z.B. die Rettungswesten immer griffbereit und die Leinen zum Einpicken sind schon an den entsprechenden Stellen angebracht.

Sonnenuntergang hinter der Benko
Sonnenuntergang hinter der Benko

Nichts ist mit einer Nachtfahrt vergleichbar

Es ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl Nachts im Dunkeln über das Meer mit seinem Segelboot zu gleiten. Das kann man kaum in Worte fassen. Das muss man einfach mal erlebt haben. Wenn ihr gut vorbereitet seid, ist es auch nichts vor dem man sich fürchten muss!

Es gibt vor allem eine Situation, die uns bisher in unseren Leben nur auf Nachtfahrten passiert ist 😉 :

Du bist gerade eingeschlafen, dann wirst du plötzlich von deinem Partner geweckt und dir wird im Halbschlaf eine Schot in die Hand gedrückt. Der Bug geht durch den Wind, du holst mit dicken Augen, wie ein Wilder die Genuaschot dicht. Nach vollführter Wende legst du dich sofort wieder hin und schläfst noch in der gleichen Sekunde wieder ein.

Aufstehen, an einer Leine ziehen und dann gleich wieder einschlafen, gibt es glaub ich nur bei Nachtfahrten 🙂

Ein Winter auf dem Segelboot in Sardinien

Als wir letztes Jahr im Sommer mit der Benko gestartet sind hatten wir große Pläne.
Getrieben vom effizienten und durchgeplanten Großstadtleben haben wir uns fest vorgenommen 2020 einmal durch das Mittelmeer zu fahren und den Atlantik im Winter 2020/21 unbedingt zu überqueren. Alles war bereits auf den Monat genau geplant.
Wir hatten das Bild vor Augen den kalten, ungemütlichen Winter entspannt mit einer Kokosnuss in der Hand auf einer karibischen Insel zu entfliehen und das Mittelmeer schnell hinter uns zu lassen.

Nach unserem Start in Nord-Italien, über Kroatien, Richtung Sizilien, haben wir noch weiterhin an diesem Plan festgehalten, auch wenn wir bereits gemerkt haben, dass sich eine Reise mit Segelboot nicht unbedingt auf dem Reißbrett planen lässt, sondern nach seinen ganz eigenen Regeln funktioniert.
Die langsame Art der Fortbewegung und die damit verbundene bewusste Wahrnehmung der Umgebung lädt dazu ein länger an einem Ort zu verweilen und genau diese Momente zu genießen, als einfach nur daran vorbeizufahren.

Letztendlich hat es dann doch bis zu unserer Überfahrt nach Sardinien gedauert, bis wir uns von unserem ursprünglichen Plan trennen konnten.
Auf unserer Überfahrt von Sizilien nach Sardinien mit sehr viel Wind und Welle, hatte sich sowohl unsere Windsteueranlage verabschiedet, als auch unser Hauptruder sich in den Buchsen gelöst. Somit mussten wir zur Reparatur zwingend an Land.
Gleichzeitig hatte sich die Coronalage weiter verschärft und aus dem relativ lockeren Sommer wurde ein Herbst mit deutlich strengeren Maßnahmen. Nach einigen Telefonaten mit Seglern in der Karibik wurde uns auch schnell klar, dass dort die Reisefreiheit aufgrund von Corona leider sehr eingeschränkt ist, und ein Reisen zwischen den Inseln nur mit komplizierten Auflagen oder überhaupt nicht möglich ist.

Nach einigem hin und her waren das schließlich die ausschlaggebenden Gründe, die uns dazu bewogen haben, den Winter 2020/2021 auf Sardinien zu verbringen.

Porto Corallo ist der Hafen, den wir nach unsere Überfahrt auf Sardinien als erstes angelaufen sind. Hier gab es zwar die Möglichkeit sich kranen zu lassen, um das Ruder zu reparieren, allerdings gibt es dort sonst keinerlei Infrastruktur. Nur einen Campingplatz mit Pizzeria in Laufnähe. Also kein Ort um dort seinen gesamten Winter zu verbringen.

Durch einen kurzen Aufruf auf Instagram meldeten sich dann Simon und Bea von Sailing Nahia. Sie konnten uns einen tollen Hafen empfehlen, bei dem wir sowohl die Reparaturen vornehmen lassen konnten, als auch die Möglichkeit hätten, den Winter dort zu verbringen.

Porto Turistico di Baunei S. Maria Navarrese lag glücklicherweise nur 30 sm weiter nördlich und so haben wir uns am nächsten Tag gleich auf den Weg dorthin gemacht.
Nach einem kurzen Gespräch mit dem Hafenmeister wurden wir recht schnell gekrant und konnten unsere Reparaturen innerhalb einer Woche an Land abschließen.

Porto Turistico di Baunei S. Maria Navarrese




Nach ein paar Tagen im Hafen war für Steffi und mich klar, dass wir hier gerne den Winter verbringen möchten. Der Ort Santa Maria di Navarrese hat seinen ganz eignen Charme und ist Ausgangspunkt für viele Wanderrouten hier in der Umgebung. Es gibt viele Supermärkte. Appartments und Restaurants und in den nächsten Ortschaften Tortoli und Arbatax gibt es viele weitere Geschäfte und man alles findet, was man so benötigt.

Auch der Hafen hat einen super Eindruck auf uns hinterlassen. Zum einen ein echt gutes Preis/Leistungsverhältnis von 1.550 € für Okt. bis Mai, als auch sehr nettes Personal, gepflegte Anlagen und sehr nette Community von Dauerliegern. Mit uns haben ca. 6-8 Schiffe den Winter dort verbracht und es war sehr nett, sich untereinander auszutauschen, Zeit miteinander zu verbringen und sich bei Problemen gegenseitig zu helfen.

Für uns war es der erste Winter, den wir komplett auf dem Boot verbracht haben. Eigentlich wollen wir ursprünglich über Weihnachten und Neujahr zurück nach München fliegen, um dort etwas Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen.
Leider hat Corona diese Pläne durchkreuzt und durch die verschärften Maßnahmen in Italien und Deutschland haben wir uns letztlich dagegen entschieden. Rückblickend betrachtet war das die richtige Entscheidung. Wir wollten die Situation aus dem letzten Jahr vermeiden nicht mehr ans Boot zurückzukommen und so haben wir es uns auf der Benko in Sardinien gemütlich gemacht.

Zusammen mit Bea und Simon, die mit Ihrem Schiff bei uns am Steg lagen, haben wir einen sehr gemütlichen Weihnachtsabend auf der Benko verbracht. Es ist erstaunlich was man alles so zaubert, wenn man die Küchen zweier Boote nutzten kann. So haben wir uns am Weihnachtsabend ein Menü aus Tomatencremesuppe, Rouladen mit Semmelknödel und Blaukraut und als Nachtisch Cheesecake schmecken lassen.


Silvester war dann auch noch ein besonderes Highlight. Elio und Miriam, die italienischen Eigner der Yacht nebenan, haben uns auf original italienische Pizza am Neujahrsabend eingeladen. Es war wirklich erstaunlich was die beiden in der kleinen Pantry gezaubert haben und gemeinsam hatten wir einen sehr schönen Start ins neue Jahr. Hier haben wir gelernt, dass eine Pizza mit einer Schere zu schneiden gar nicht so unüblich ist 🙂


Dank der guten Infrastruktur im Hafen, konnten wir unsere Vorräte aus Deutschland mit einigen Paketen wieder aufstocken und durch die ständige Verfügbarkeit von 230V Landstrom am Steg konnten wir uns zwei Luxusartikel leisten, ohne die der Winter nur halb so erträglich gewesen wäre.

Von uns liebevoll „Heizi“ genannt, ist unser Heizlüfter schnell das wichtigste Crewmitglied für den Winter geworden. Im Vergleich zu Deutschland ist Sardinien im Winter noch verhältnismäßig warm, allerdings werden die Temperaturen im Winter hier auch mal einstellig. Von daher waren wir jeden Tag froh um den kleinen Heizlüfter, der das Leben an Bord erträglich gemacht hat und wir trotz kalter Temperaturen an Board leben konnten.

Steffi hatte die großartige Idee, sich einen Tefal Kontaktgrill zuzulegen. Mit 2000W eher ein Gerät was unsere Batterie in Buchten an Ihre Grenzen bringt, ist es mit Landstrom der pure Luxus. Egal ob krosses Toastbrot, Fleisch/Gemüse grillen oder um eine Pizza ToGo wieder aufzuwärmen, wir haben uns jedes Mal gefreut wie kleine Kinder, wenn wir dort was zubereiten haben, ohne den Gasherd anzustellen.

Überhaupt waren wir sehr froh den Winter im Hafen verbracht zu haben. Bei so manchen kalten und regnerischen Tagen haben wir uns vorgestellt in diesem Moment in einer Bucht zu liegen und waren sehr froh, dass wir im geschützten Hafen sein konnten, mit der Möglichkeit eine warme Dusche zu genießen und schnell an Land etwas besorgen zu können.

Wir hätten gerne mehr Ausflüge im Winter gemacht, uns auch gerne mal ein Auto gemietet, um die Insel mehr zu erkunden, aber leider kam uns entweder das Wetter, oder neue Coronaregelungen immer wieder dazwischen.
Das ist etwas, was wir auf jeden Fall im Frühling nachholen möchten. Steffi hat schon fleißig die ersten Wandertouren hinter sich gebracht und wir freuen uns schon sehr den Rest der Insel zu erkunden.


Wir planen im Mai von hier aus wieder zu starten und erst mal den Norden der Insel uns etwas genauer anzuschauen. Im Sommer treffen wir dann die Entscheidung, in welcher Richtung es weiter geht.
Entweder Richtung Westen über die Balearen, spanische Küste, über Gibraltar auf die Kanaren. Oder Richtung Osten über Sizilien nach Griechenland.

Die Details der Route werden wir im Sommer entscheiden. Wichtig ist für uns ist, dass wir uns genug Zeit nehmen und auch mal ein paar Tage an den besonders schönen Orten zu bleiben und die Eindrücke auf uns wirken zu lassen.

Cheers

Ruben

Segler, Mechaniker, Schweißer, Installateur und Elektriker

Die ersten Monate des Refits sind schneller rumgegangen als gedacht und es hat sich einiges getan. Grund genug, dass auch ich euch von meinen ersten Erfahrungen erzähle.
Am Anfang war alles noch recht theoretisch. Abend um Abend, Nacht um Nacht, hab ich mir Gedanken gemacht, wie man so ein Projekt richtig durchziehen kann, was es alles dafür braucht und wie lange man dafür einkalkulieren muss. Habe lange Exel-Listen geschrieben und viel recherchiert und kalkuliert.

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Mittlerweile ist ja ein bisschen Zeit ins Land gegangen und ich konnte die ersten praktischen Erfahrungen sammeln . Zeit für ein kleines Resümee.
Ich bin zwar kein Freund von Verallgemeinerungen und Sprücheklopfen, aber es haben sich tatsächlich schon drei Sachen bewahrheitet, die man überall hört, wenn man sich mit dem Thema Boots-Restaurierung auseinandersetzt.

  • Bootsprojekte dauern mind. doppelt so lange wie man ursprünglich kalkuliert
  • Egal was du für das Projekt budgetierst, rechne immer +20% ein.
  • Überraschungen gibt es an jeder Ecke

 

Zeit

Tatsächlich ist es so, dass sich alles in die Länge zieht. Ich gebe euch dafür gerne ein anschauliches Beispiel:
Ich möchte ein Teil der hölzernen seitlichen Wandverkleidung abnehmen, ca. 1,50m x 30cm. Konservativ gerechnet würde man meinen, dass man das zwischen 30min und 1 Stunde abgeschraubt bekommt.
Tatsächlich saß ich geschlagene 4 Stunden in der Bugkabine bis das Ding draußen war. Der Grund? Total verrostete Schrauben und verkantete Seitenteile.
Natürlich liegt es daran, dass es die Reinke ein Selbstbau ist und der Voreigener nicht damit gerechnet hat, dass das jemals wieder raus kommt, aber das kleine Beispiel zeigt, dass immer genau das passiert, mit dem man nicht rechnet und das es dann eben einfach länger dauert als ursprünglich geplant.
Mit der Zeit kommt auch etwas die Erfahrung und mittlerweile kann ich den zeitlichen Umfang der Projekte schon etwas besser einschätzen, sodass ich dahingehend unseren Master-Zeitplan angepasst habe 🙂

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Budget

Das Thema Geld und Budget ist natürlich ein ganz eigenes und wir möchten euch das im Detail aufzeigen, wenn das Projekt etwas weiter vorgeschritten ist.
Es fällt aber auf, wenn Marine auf einem Produkt steht, es gleich um ein vielfaches teuerer ist, funktionierend geglaubte Gegenstände auf einmal dringend erneuert werden müssen und Baumarktbesuche einen gefühlten Mindestumsatz von 100 € haben.
Diese Faktoren, zusammengenommen mit zusätzlichen Kosten, die vorab nicht absehbar waren, treiben das Budget nach oben.

 

Überraschungen

Überraschungen können wundervoll sein, müssen Sie aber nicht 😉
Neben vielen Kleinigkeiten, die ich hier gar nicht im Detail aufführen möchte, ist das Deck wohl die größte Überraschung für uns bisher gewesen.
Zum Glück waren wir einigermaßen darauf vorbereite, da schon bei er Erstbesichtigung klar war, dass sich unter dem Teak ein paar Löcher verstecken, aber das es dann am Ende doch so viele ware, hat uns dann doch etwas überrascht.
Wichtig ist hierbei nicht die Motivation zu verlieren. Rückschläge gehören einfach dazu. Also Krone richten und weitergehen!

Ich beginne zu lernen, dass man als Bootseigener ein perfekter Segler, Mechaniker, Schweißer, Installateur und Elektriker sein muss, um alle anfallende Arbeiten abzudecken.
Es versteht sich von selbst, dass das nur auf ein paar ausgewählte Menschen zutrifft und besonders ich, als Marketing/Vertriebs-Schreibtisch-Esel das nicht alles erfüllen kann.
Ich habe gelernt, sich eingestehen können, dass es gewisse Felder gibt, bei dem man einfach Profis, aufgrund der eigenen fehlenden Erfahrung, ranlassen muss. Aktuell sind das bei uns primär Schweißarbeiten, Gasinstallation und Motormechanik.
Hier ist es besser eine erfahrene Unterstützung zu haben, solange ich noch nicht genau weiß, was ich da tue bzw. einfach nur Bücher/Internetwissen anwende.
Safty first! Selbstüberschätzung sollte man an dieser Stelle besser ausblenden.

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Zum Glück (Ich klopf 3x mal aufs Holz) liegen wir aktuell noch ganz gut im Plan und unsere Motivation und Lernkurve steigt weiterhin rasant an. Wir lassen uns von kleineren Rückschlägen nicht entmutigen, blicken unserem großen Projekt immer noch sehr positiv entgegen und freuen uns schon, wenn wir Anfang 2020 dann komplett aufs Boot ziehen können.

Cheers

Ruben