Verschoben ist nicht aufgehoben

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Die ersten Monate des Jahres 2020 waren für uns schon sehr turbulent. Es gab einiges zu tun und die ToDo Liste wurde einfach nicht kleiner. Kein Wunder, wenn man überlegt, was man für eine so lange Reise alles beachten muss.
Zum einen ist da das Schiff: Letzte Arbeiten müssen noch erledigt werden. Wir haben die BENKO aus dem Wasser ans Land gekrant, um das Getriebe überholen zu lassen, sowie den Geräteträger zu installieren. Letzte Dokumente für die Fahrt müssen eingeholt werden, letzte Besorgungen gemacht werden und und und.

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Unsere Jobs haben wir beide schon Ende Februar gekündigt. Alles mit dem Ziel im März genug Zeit zu haben, unsere Wohnung in München aufzulösen und alle nötigen Behördengänge und sonstige restliche ToDos noch ohne „Arbeitsstress“ im Nacken erledigen zu können.

Unsere kleine Wohnung in München haben wir mittlerweile aufgelöst. 80% haben wir dazu auf dem Sperrmüll gefahren. Dabei hat sich hauptsächlich um typische Ikea-Einrichtungsgegenstände gehandelt wie sie zu tausenden in deutschen Haushalten stehen und viel Kram, der sich über die Jahre angesammelt hat.
Man merkt dann doch recht schnell, wie viel unnützes Zeug sich über die Jahre sammelt, auf das man eigentlich verzichten kann.
Die restlichen 20% stehen bei Steffi‘s Eltern im Keller und warten dort auf unsere Rückkehr :-).
Das ganze gibt einem echt ein komisches Gefühl. Man gibt sein sicheres Zuhause, in gewohnter Umgebung, auf um auf ein Boot zu ziehen, ohne große Sicherheiten mit ungewisser Zukunft.
Ich habe über 11 Jahre in dieser Wohnung gewohnt. Steffi ist die letzten beiden Jahre mit eingezogen, um sich Ihre Miete zu sparen. Viele Erinnerungen sind mit den Gegenständen dort verknüpft und haben den Abschied dort für mich etwas wehmütig werden lassen. Allerdings muss ich auch ehrlicherweise sagen, dass dann doch am Ende die Vorfreude auf das große Abenteuer überwiegt.

Unser ursprünglicher Plan war es, die Reise Anfang April 2020 starten zu lassen. Für die 3 Wochen Übergangszeit bis dahin, sind wir zu Steffi`s Eltern unters Dach gezogen, um von Dort aus noch die letzten Erledigungen zu machen und uns von unseren Freunden und Familien zu verabschieden.

Doch dann kommt alles ein wenig anders….
Innerhalb von kürzester Zeit, schafft es ein sehr kleines, nahezu unsichtbares, Teilchen unser, und das Leben von tausenden Menschen in Europa und weltweit deutlich zu verändern. Das Corona-Virus.

Die Grenzen von Deutschland, Österreich und Italien sind dicht. Ausgangssperren sind an der Tagesordnung und ein Großteil des öffentlichen Lebens steht still.
Wir haben uns ja auf viele Szenarien vorbereitet, aber mit einer weltweiten Pandemie haben wir wahrlich nicht gerechnet.

Der News-Stand ändert sich täglich. Aktuell könnten wir bestimmt irgendwie nach Italien kommen, allerdings würde das unsere Lage auch nicht wirklich verbessern.
Dort darf niemand das Haus verlassen. Aktuell steht die BENKO auf dem Land und das Getriebe ist ausgebaut.
Selbst wenn der Mechaniker das Getriebe wieder einbauen würde und die Marina uns das Schiff ins Wasser setzt, dürften wir den italienischen Hafen nicht verlassen.
Auch fehlt uns eine Person, die unser Auto dann wieder zurück nach Deutschland fährt und sich dann dort freiwillig in Quarantäne begibt….
Zusätzlich wird die Einreise in andere Länder immer schwieriger und es ist nicht gegeben, dass wir in andere Länder mit dem Schiff überhaupt einreisen dürfen.
Zusammengefasst also eine echte Schei… Situation und alles andere als für die Reisen geeignet.

Diese Gesamtsituation ist schon etwas frustrierend für uns. Seit 4 Jahren haben wir die Idee mit der Segelreise. Seit 2 Jahre haben wir jede freie Minute damit verbraucht die BENKO zu refitten, herzurichten, einzukaufen und zu planen. Seit geraumer Zeit fiebern wir auf Anfang April hin und haben alles auf dieses Datum hin ausgerichtet. Job, Wohnung, Versicherungen etc. Und dann kommt einfach eine höhere Gewalt und macht alle Pläne zu nichte und man kann einfach nichts dagegen machen. Da fühlt man sich schon machtlos…

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Trotz dieser Frustration liegt es aber in Steffi‘s und meinem Naturell, Sachen positiv zu betrachten und das Gute in der Situation zu sehen.
Zum einen sind wir beide verdammt froh, dass es uns und unseren Familien und Freunden gut geht.
Zum anderen sind wir auch froh, dass wir uns aktuell in München aufhalten können. So sind wir in der Nähe von unseren Liebsten, haben zur Not eine gute Gesundheitsversorgung und können die neugewonne Zeit noch für Vorbereitungsarbeiten nutzen.
Wie Ihr, verfolgen wir auch andere Segler weltweit, die sich gerade an abgeschiedenen Orten befinden und beobachten deren Lage gespannt.

Wir wissen natürlich, das ist Jammern auf hohem Niveau. Durch diese Krise sind wir alle betroffen. Größenteils deutlich schlimmer als eine verschobene Reise. Viele Leute haben Existenzängste. In Italien und weltweit sterben Menschen in den Krankenhäusern und wir merken, wie sich die Welt gerade beginnt zu verändern.
Dennoch wollten wir unsere Gedanken aus unserer Perspektive mit euch teilen, da wir einige Fragen von euch dazu bekommen haben.

Trotz des ganzen Ärgers, soll das nicht unser Vorhaben beenden. Von daher haben wir fogenden Plan gefasst:

Wir schauen uns die Situation noch bis Juni/Juli an. Wenn es sich bis dahin wieder etwas beruhigt hat, die Grenzen offen sind und die Einreiseregulierungen in den anderen Ländern überschaubar sind, ziehen wir unsere Reise ab Sommer durch.
Klar, dass wir deswegen Anpassungen an der Reiseroute vornehmen müssen, aber das sehen wir uns an, wenn es soweit ist.
Wenn es sich bis dahin nicht beruhigt hat, werden wir die Reise um 1 Jahr verschieben. Es macht einfach kein Sinn zu reisen, wenn wie aktuell, Länder zu machen und das öffentliche Leben stark eingeschränkt ist. Das macht weder uns, noch euch als Zuschauern Spaß. Aber darüber wollen wir noch garnicht nachdenken.

Wer weiß wozu das alles gut ist. Wir glauben, dass solche Sachen immer aus einem gewissen Grund passieren, auch wenn dieser aktuell noch nicht absehbar ist.

Aktuell bleibt nichts anderes übrig als abzuwarten und die Situation zu beobachten.

Bleibt gesund!

Cheers

Ruben

4 Kommentare zu „Verschoben ist nicht aufgehoben

  1. Hallo ihr Zwei in München,
    wir befinden uns in einer ganz ähnlichen Situation. Eigentlich wollten wir an diesem Wochenende beim Losseggler-Treffen in Laboe sein, um andere zukünftige Blauwasser-Segler kennen zu lernen, und Vorfreude, Befürchtungen, Perspektiven und technische Updates zu teilen. Auch wir sitzen /saßen quasi auf gepackten Seesäcken.
    Nun sind wir damit beschäftigt, abzuwarten, umzuplanen, geduldig zu sein. Bei der jetzigen Situation ist es noch nicht absehbar, wann sich die Lage so entspannen wird, dass wir mit Freude ab- und anlegen und auch willkommen sind.
    Je stärker die Pandemie ihre Opfer fordert, desto kleiner fühle ich mich gerade mit meinem großen Plan.
    Dennoch, die Hoffnung, dass sich die Lage zum Sommer zumindest so entspannt, dass wir auf dem Boot sein können, teile ich! Vielleicht sollten wir geplanten Lossegler uns auch zusammen schließen, um uns auszutauschen.
    Viele Grüße aus Braunschweig von Frauke
    (SY Smilla)

  2. Hallo Steffi,
    hallo Ruben,
    Nach langer Zeit des Mitlesens – und schauens erstmal mein Kompliment an eure Durchhaltekraft in der refit-Phase. Nur wer schon selbst Hand an sein Boot gelegt hat weiß was da dazugehört an Frustrationstoleranz – aber auch an Freude und Stolz.
    Ich bin euch mit meinen Vorbereitungen ein wenig, quasi 1 Jahr, hinterher und plane ab November 2020 in die finale Refit-Phase einzusteigen um ab 2021 auf dem Boot (Bavaria 42, EW 2006, das war noch goldene Zeit der Dimensionierung und Bauausführung) zu leben und damit zu reisen. An dieser Stelle komme ich zu meiner Fragestellung zu euren Erfahrungen mit der Marina Gabbiani und ihren Trockenliegeplätzen. Ausstattung und Anlage sieht auf den ersten -äußerlichen – Blick ideal aus, um das Boot (weitgehend selbst – aber auch mit dem möglichen Rückgriff auf Werftunterstützung)) technisch vorzubereiten und in dieser Zeit auch darauf zu leben.
    Und auch die Frage, wie’s bei den Italienern mit ihrem Preisgefüge und ev. Verhandlungsspielräume aussieht (Meine Balou ist mit 12,99 m amtl. vermessen).
    Das passt auch deshalb, weil ich vom Bodensee komme, damit kurze Wege habe und gut organisieren und einkaufen kann.
    Vielen Dank für ne kurze Antwort (in Zeiten wo man eh auf der Stelle tritt😨)
    Gruß nach München
    Axel

    1. Hallo Axel,
      vielen Dank für dein nettes Kommentar! Zur Marina Gabbiani können wir nur wenig sagen, da wir in der Nachbarmarina „Cantieri di Aprillia“ unser Boot gerefittet haben.
      Durch Gesprächen mit anderen Eignern wissen wir aber, dass auch Gabbiani ein sehr gutes Trockendock ist. Preislich liegen die etwas über unserer Marina. Da wir das Angebot der Cantieri immer als fair empfunden haben, können wir leider nichts zu Verhandlungsfreude der Italiener sagen. Bedingt durch die Verluste in der Coronakrise, gehen wir aber schon davon aus, dass sie auf Ihren Preisen beharren werden.
      Wir wünschen dir viel Erfolg mit deinem Refit und hoffen, dass du bald starten kannst.
      Liebe Grüße
      Steffi & Ruben

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